Du kennst sicher meine Oma, hast sie schon Mal gesehen. Im Raststations-Shop, in der Hotel-Lobby, beim Bummeln in der Altstadt. Vielleicht hast du sie sogar schon mit der Post verschickt. Meine Oma ist die Büchsenmacher-Rosl, eines der vielleicht berühmtesten Postkartenmotive.
Die „Büchsenmacher Rosl“
Genau genommen ist sie die Urli, also die Ururoma meiner Freundin Sarah. Die hat nämlich bei einer WG-Party-Diskussion über berühmte Bekannte und Verwandte die Geschichte rausgehauen, dass ihre Ururoma sogar auf einer Postkarte zu sehen ist. „Ma, wie liab“ denkt man sich, irgendeine alte Dame auf einer x-beliebigen Ansichtskarte aus Hintertupfing. Erst als sie nicht ganz unstolz besagte Verwandte für uns googelt, bleibt uns ungläubig das Ladl offen. Kennen tut sie nämlich jeder. Dass sowohl Sarah als auch Rosl laut unserem Suchmaschinenergebnis aus Aflenz stammen, lässt uns langsam daran zweifeln, dass sie uns damit einen Bären aufbinden will.
Die Postkarte mit der Grimassen schneidenden Alten!
Rosina Maria Friedrich wurde 1858 in Aflenz geboren. Die Büchsenmacher-Rosl, wie sie genannt wurde, schlug sich als Kellnerin, Kindermädchen und als Wäscherin durchs Leben. Tüchtig wie sie war, begann sie zusätzlich mit Karten legen und Wahrsagen. Im Alter verdiente sie mit dem Grimassenschneiden ihren Unterhalt. Eben letztere Profession wurde 1928 mit einer Plattenkamera verewigt. Und in den 60-iger Jahren entdeckte der Fotograf Peter Cermarka aus Mariazell das Originalbild, das schließlich in kolorierter Version um die Welt ging. Zu ihrem Bekanntheitsgrad gelangte sie also nicht mehr zu Lebzeiten, denn sie verstarb im Jahr 1933 im Alter von 75 Jahren. Zuletzt wohnte sie in der ehemaligen Köhlerhütte am Kohlplatz in Jauring (Marktgemeinde Aflenz).
Wie die Büchsenmacher Rosl zu ihrem Namen kam
Rosinas „Spitzname“ war tatsächlich ein Vulgo- bzw. Hausnamen. Jene haben vor Einführung der Hausnummern die Anwesen am Land gekennzeichnet, und auch die dort wohnenden Familienmitgliede. Bei der Benennung wird er stets dem Rufnamen vorangestellt. Meine eigene Oma ist zB die Pöschl Rosl aus Tillmitsch. Rosinas Vater, Adalbert Friedrich, war bürgerlicher Büchsenmacher, er produzierte und reparierte Schusswaffen.
Rosl’s Konterfei ziert im Übrigen nicht nur Druckwerke, sondern auch eine Skulptur am Fuße des Hochschwab beim Alpengasthof Bodenbauer. Dort befinden sich auch das Hochschwab-Museum sowie der Bodenbauer Panoramaweg. Im Zusammenhang mit der Errichtung des Panoramaweges wurde eine ehemalige Kohlstätte gefunden und somit die Köhlerei (Holzkohle-Herstellung) in diesem Gebiet nachgewiesen. Da die „Büchsenmacher-Rosl“ zuletzt in einer ehemaligen Köhlerhütte gelebt hatte, soll die auf dem Panoramaweg aufgestellte Hütte mit der Büste (gefertigt von Klaus Gaar) den Besuchern die damals schwierigen Lebensbedingungen veranschaulichen.
Heute hat Rosl sogar eine eigene Facebook-Seite. Ihr Andenken wird von den Bewohnern des Hochschwab-Gebietes noch immer in Ehren gehalten, versichert Ururenkelin Sarah. Man lernt ja wirklich immer etwas Interessantes dazu, auch auf WG-Partys.
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